Systemische Aufstellungsarbeit in Einzeltherapie
Virginia Satir, Rupert Sheldrake, C. G. Jung, Albrecht Mahr und schließlich Bert Hellinger sind namhafte Geister, die in der Entstehung dessen, was man heute allgemein unter dem Begriff Aufstellungsarbeit versteht, federführend waren. Jeder hat in seiner Weise versucht, die Dynamiken der Seele zu ergründen.
Von Virginia Satir kam im Wesentlichen der Ansatz, dass Lebensthemen immer Familienthemen sind und dass es deswegen sinnvoll sein kann, sich mit den Verstrickungen der Herkunftsfamilie auseinanderzusetzen.
Rupert Sheldrake zog seine Erkenntnisse zunächst aus seiner naturwissenschaftlichen Herkunft als Biologe und riskierte das Unterfangen, nicht stofflich nachweisbare und dennoch konkret formgebende Komponenten zu entdecken, die er „morphogenetische Felder″ nennt, ein nicht wirklich naturwissenschaftlich greifbares Phänomen. C. G. Jung beschreibt es als das „kollektive Unbewusste der Seele″, wiederum ein Gemeinschaftsphänomen, das Albrecht Mahr ein „wissendes Feld″ nennt. Bert Hellinger war nun einer derjenigen, die aus diesen unterschiedlichen Ansätzen so etwas wie ein System erstellt haben, das als Familienstellen, bzw. systemische Aufstellungsarbeit, weltbekannt wurde. Von den einen geachtet, von den anderen gefürchtet. Wie mir scheint, je nach Einstellungs- und Interessenslage.
Dieses System benennt nun die „Ordnungen der Liebe″, dargestellt in einem „Seelenhaus″. Den Begriff des Seelenhauses prägte bereits die christliche Mystikerin Teresa von Avila im 16. Jahr-
hundert. Dieses Seelenhaus hat verschiedene Etagen, die sich nach unten im Sinne von Bewusstseinstiefe bewegen. Der Begriff „Liebe″ ist hier nicht zu verwechseln mit Harmonie oder auch Leidenschaftlichkeit. Hier meint der Begriff der Liebe die Verbindungsqualität im Sinne der Zugehörigkeit. Zugehörigkeit hat auf der Seelenebene eine vergleichbare Relevanz wie etwa die Atmung auf der körperlichen Ebene. Die unterschiedlichen Tiefen wirken sich in der Relevanz ihrer Zugehörigkeit und demnach in ihrer Wirksamkeit in der Seele aus, und zwar völlig unabhängig davon, ob uns das bewusst ist oder nicht.
So finden wir auf der ersten, sozusagen der oberflächlichsten Ebene Menschen, mit denen wir mehr oder weniger locker verbunden sind, wie z.B. Nachbarn, Freunde, Arbeitskollegen, etc.
Auf der zweiten, nächst tiefer liegenden Stufe finden wir Lebenspartner und Kinder.
Auf der dritten, nächst tiefer liegenden Stufe sind unsere Geschwister, die Lebenden und die Toten, d.h. die früh verstorbenen ebenso, wie die abgegangenen, oder auch abgetriebenen Kinder.
Auf der vierten Stufe sind die Eltern, sowie evtl. deren Geschwister.
Auf der fünften Stufe liegen die Großeltern und evtl. auch deren Geschwister.
Auf der sechsten Stufe finden wir die Urgroßeltern.
Bert Hellinger sprach einmal davon, dass die Seele sich sieben Generationen zurückerinnert. Dahinter, bzw. darunter finden wir den Archetypus. Arche = Anfang, Ursprung. Die Erkenntnisse über die Archetypen verdanken wir im Wesentlichen C. G. Jung.
Je oberflächlicher die seelische Ebene ist, desto individueller und persönlicher ist ihr Ausdruck. Je tiefer man in die Seele eintaucht, desto kollektiver und unpersönlicher wird ihr Ausdruck. Hier liegt die Welt des Archetypus. Hier finden wir eine Ebene, die alle Menschen in gleicher Weise verbindet und aus der sich ein kollektives Bewusstsein erschließt. Es besteht also empirisch immer eine Verbindung zwischen der Einzel- und der Kollektivseele. Das erklärt, warum in einem Aufstellungsgeschehen mit mehreren Personen das aktuelle Geschehen von mehreren Protagonisten wahrgenommen werden kann, über die Intellektualität hinaus. Ein Teil der Seele hat, so wird vermutet, immer Anteil am Kollektiv. Dies wiederum legt nahe, warum auch die Einzelseele vom Kollektiv weiß, was ermöglicht, das die Protagonisten eines Aufstellungsgeschehens, in Form von Menschen, auch durch Gegenstände ersetzt werden können. Der Grund ist, ähnlich wie bei der Astrologie, dass die „eigene Geschichte″ immer bekannt, wenn auch unbewusst ist.
Personen aus dem Familiensystem haben in der Seele immer einen festen Platz gemäß ihrer Rangordnung, völlig unabhängig davon, ob wir aktiv davon wissen oder nicht, unabhängig davon, ob sie noch am Leben sind oder nicht und sowieso völlig unabhängig davon, wie wir subjektiv dazu stehen.
Ähnliches zeigt sich vergleichbar in der Körperlichkeit. Die äußere Erscheinung eines Menschen (Haare, Kleidung, Make-up/Styling) ist sehr individuell. Je tiefer man aber hineinschaut, die Lage der Organe, die Zusammensetzung der Knochen etc. desto weniger individuell, desto kollektiver bildet sich der Körper ab.
Oftmals zeigt sich über den Konflikt zu den Mitmenschen die Verbindungsqualität. Angefangen von der Selbstsabotage im Beruf, Schwierigkeiten mit Autoritäten (Chef), Burn-out durch zuviel Verantwortung bzw. des Tragens der Falschen, bis hin zu Konflikten in Liebe und Partnerschaft durch die Verwechslung mit Vater und Mutter und vieles mehr. Oftmals fußt dieses Konfliktpotential auf einer Übertragung einer unterbrochenen Hinwendung aus dem Familienkreis. Im Aufstellungsgeschehen ergibt sich die Möglichkeit alte Verbindungen nochmal anzuschauen und eben, im wahrsten Sinne des Wortes, ihrer Ordnung zuzuführen. Die Wirkung ist ähnlich wie die Dynamik innerhalb einer Kette. Verschiebt sich ein Glied, verschieben sich immer alle Glieder, unabhängig von Willen und Bewusstseinslage.
So eröffnen sich neue Ansätze im Umgang mit Problemen und Stress, Ressourcen können sinnvoll genutzt werden um Blockaden aufzulösen, Konflikte zu klären um letztlich Verantwortung für das eigene Leben und Handeln zu übernehmen.
Nicht zuletzt weil die „Geheimnisse der Familie″ oft mit Scham und Schuld verbunden sind, bietet sich die Aufstellungsarbeit in Einzeltherapie an, um ein Höchstmaß an Diskretion zu gewährleisten.
In der Aufstellungsarbeit in Einzeltherapie bewährt sich sowohl die Arbeit am Brett, als auch die Aufstellung im Einzelstellen oder auch bestimmte Varianten der Trancearbeit. Sie ist eine wunderbare Option wenn es darum geht, alte Wunden zu heilen und neue Kraft zu schöpfen.